- Tim Cook betont: Apple TV+ soll großartige Geschichten erzählen, nicht iPhone-Verkäufe steigern
- Jährliche Verluste von über einer Milliarde Dollar sind Teil der langfristigen Strategie
- Mit 45 Millionen Abonnenten und Hits wie Severance findet der Dienst seinen Rhythmus
Apple-CEO Tim Cook hat in einem Interview mit dem Magazin Variety erklärt, dass Apple TV+ nicht als Marketinginstrument für iPhone-Verkäufe konzipiert wurde. Der Streamingdienst verliere zwar über eine Milliarde US-Dollar pro Jahr, doch das sei Teil der langfristigen Strategie. Cook betonte, Apple wolle mit TV+ großartige Geschichten erzählen und kulturellen Einfluss ausüben – nicht primär Hardware verkaufen.
Tim Cook räumt mit hartnäckigem Mythos auf
In einem bemerkenswerten Interview mit dem Entertainment-Magazin Variety hat Apple-CEO Tim Cook erstmals ausführlich über die wahren Beweggründe hinter Apple TV+ gesprochen. Seine Aussagen widerlegen die seit Jahren kursierende Annahme, der Streamingdienst sei hauptsächlich ein Marketingwerkzeug zur Steigerung der iPhone-Verkäufe.
„Ich denke überhaupt nicht daran, dass ich durch Apple TV+ mehr iPhones verkaufen werde“, stellte Cook unmissverständlich klar. Diese Aussage ist besonders bemerkenswert, da Branchenbeobachter und sogar Konkurrenten wie Netflix-CEO Reed Hastings immer wieder spekuliert hatten, Apple nutze seinen Streamingdienst primär zur Stärkung des Hardware-Ökosystems.
Die wahre Vision hinter Apple TV+
Cook beschrieb Apple TV+ als konsequente Fortsetzung von Apples Identität als „Werkzeugmacher“ – ein Begriff, den bereits Mitgründer Steve Jobs prägte. „Wir sind ein Werkzeugmacher. Wir stellen Werkzeuge für kreative Menschen her, um sie zu befähigen, Dinge zu tun, die sie vorher nicht tun konnten“, erklärte der CEO.
Die Entscheidung, ausschließlich auf Originalinhalte zu setzen und keinen bestehenden Katalog zu lizenzieren, war laut Cook bewusst getroffen worden. „Ich weiß, dass das ein schnellerer Weg ins Geschäft ist, aber es fühlte sich am Ende des Tages nicht nach Apple an“, begründete er die Strategie. Apple wolle etwas schaffen, in das das Unternehmen seine Leidenschaft hineingießen könne.
Churn bezeichnet die Abwanderungsrate bei Streaming-Diensten, also wie viele Nutzer ihre Abonnements kündigen. Eine hohe Churn-Rate bedeutet, dass viele Kunden den Dienst nach kurzer Zeit wieder verlassen. Apple TV+ hat mit unter 35 Prozent Langzeit-Abonnenten eine überdurchschnittlich hohe Churn-Rate im Vergleich zu anderen Streaming-Anbietern.
Finanzielle Verluste als Teil des Plans
Berichte über jährliche Verluste von über einer Milliarde US-Dollar bei Apple TV+ sorgten zuletzt für Schlagzeilen. Doch diese Zahlen scheinen Teil der langfristigen Strategie zu sein. Laut Insider-Informationen rechnet Apple damit, dass der Dienst in den ersten zehn Jahren zwischen 15 und 20 Milliarden US-Dollar Verlust einfahren wird – ein Betrag, der für das drei Billionen US-Dollar schwere Unternehmen verkraftbar ist.
Zum Vergleich: Disneys Streaming-Geschäft verzeichnete zwischen dem Start von Disney+ im Herbst 2020 und April 2024 operative Verluste von 11,4 Milliarden US-Dollar. Erst im Geschäftsquartal bis Ende Juni 2024 wurde der Bereich erstmals profitabel.
Neue Maßstäbe mit F1-Film
Als Beispiel für Apples Ambitionen nannte Cook den kommenden Film „F1: The Movie“ mit Brad Pitt, der mit einem Budget von 200 Millionen US-Dollar die bisher größte Produktion von Apple Original Films darstellt. Der Film, bei dem Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton als Co-Produzent fungiert, soll authentisch den Rennsport abbilden und gleichzeitig eine packende Geschichte über die Höhen und Tiefen des Lebens erzählen.
Apple entwickelte sogar spezielle Kameratechnologie für die Hochgeschwindigkeits-Rennsequenzen, die mittlerweile auch in den neuesten iPhones zum Einsatz kommt. „Wir versuchen, das Beste von Apple TV+ zu nutzen“, erklärte Cook, betonte aber erneut: „Ich habe nicht im Kopf, dass ich dadurch mehr iPhones verkaufen werde.“
Wachsende Abonnentenzahlen trotz hoher Fluktuation
Trotz der finanziellen Verluste zeigen sich positive Entwicklungen bei den Nutzerzahlen. Besonders der Deal mit Amazon, Apple TV+ über Prime Video Channels anzubieten, scheint die Abonnentenzahlen deutlich gesteigert zu haben. Schätzungen zufolge hat Apple TV+ weltweit etwa 45 Millionen Abonnenten, wobei Apple selbst von höheren Zahlen ausgeht.
Allerdings kämpft der Dienst mit einer überdurchschnittlich hohen Abwanderungsrate. Weniger als 35 Prozent aller Abonnenten behalten den Service länger als sechs Monate – möglicherweise eine Folge der großzügigen dreimonatigen Testphasen beim Kauf neuer Apple-Geräte.
Kreative Freiheit statt Mikromanagement
Entgegen früheren Befürchtungen scheint Apple seinen Kreativen weitgehend freie Hand zu lassen. Seth Rogen, Schöpfer der Comedy-Serie „The Studio“, berichtete sogar, dass er einen Cameo-Auftritt von Tim Cook ablehnte und stattdessen Netflix-CEO Ted Sarandos in die Show holte – ohne negative Konsequenzen.
Diese kreative Freiheit zahlt sich offenbar aus. Mit Erfolgsserien wie „Severance“, „Ted Lasso“ und „The Morning Show“ hat sich Apple TV+ einen Ruf für hochwertige Originalproduktionen erarbeitet. Cook sieht den Dienst nun in einer Phase, in der er „seinen Rhythmus gefunden“ habe.
Langfristige Perspektive als Erfolgsfaktor
Apples Ansatz bei TV+ spiegelt die generelle Unternehmensphilosophie wider: Geduld und langfristige Investitionen statt schneller Gewinne. Wie bei Apple Pay, das nach anfänglicher Kritik heute allgegenwärtig ist, setzt das Unternehmen auch beim Streamingdienst auf einen langen Atem.
„Wir machen wirklich nur wenige Dinge“, fasste Cook zusammen. „Wir haben nur wenige Produkte für die Größe des Unternehmens, das wir sind. Wir stecken unser ganzes Herzblut in jedes einzelne – und wir machen Fernsehen und Filme auf die gleiche Weise.“
Mit 2025 als erstem Jahr mit einem vollständigen, wöchentlichen Inhaltsplan ohne Unterbrechungen durch Pandemie oder Streiks könnte sich zeigen, ob Apples Vision eines qualitätsorientierten Streamingdienstes langfristig aufgeht – unabhängig davon, wie viele iPhones dadurch verkauft werden.
Diskutiere mit!
Hier kannst du den Artikel "Tim Cook enthüllt: Deshalb gibt es Apple TV+ wirklich – und es hat nichts mit dem iPhone zu tun" kommentieren. Melde dich einfach mit deinem maclife.de-Account an oder fülle die unten stehenden Felder aus.
Zum Verfassen von Kommentaren bitte mit deinem Mac-Life-Account anmelden.
oder anmelden mit...